Am Sonntag Reminiscere


Der glaubige Gebet-Eifer

[82] Nach seiner eignen Singweise.


1.

Hilf mir, Jesu! tausend Plagen

Thun mir Welt und Teufel an.

Hilf! sonst niemand helfen kan.

Steh doch still und hör mein Klagen.

Wie das Weiblein bitt ich dich:

Wie auch sie erhöre mich.


2.

Ob du mir nit Antwort gibest,

Ob du mir den Rücken kehrst,

Weiß ich doch, daß du mich hörst,

Weiß ich doch, daß du mich liebest.

Ich halt an und halte dich,

Bis daß du erhörest mich.
[82]

3.

Hilf mir, Jesu! ruff ich wieder.

Darf ich nicht als Kind und dein,

Will ich als ein Hündelein,

Herr, vor dir mich werfen nieder.

Wirf mir zu die Brosamlein.

Kan das Brod nit werden mein.


4.

Auch ein Hündlein geilt solange

Seinen lieben Herren an,

Wartet auf, so gut es kan,

Bis es eine Gab empfange:

Ich will so ein Hündelein,

Jesu, auch im Glauben seyn.


5.

Jesu, ob ich tausend Gaben

Von dir wolte bitten aus:

Wär kein Glaub in mir zuhaus,

Ach nit eine würd ich haben.

Diese Hand allein es thut,

Greifft nach dir und deinem Gut.


6.

Ach so will ich nur alleine

Bitten dich üm diese Gab:

Gib, daß ich den Glauben hab.

Hab ich den, so bist du meine.

Bist du mein, was mangelt mir?

Alle Haab hab ich in dir.


7.

Diese Hand, ach diese schwache,

Streck ich aus und greiff dich an.

Daß sie fäster fassen kan,

Deine Macht sie stärker mache.

Höre, Herr, sprich auch zu mir:

Wie du wilst, geschehe dir.


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 5, Hildesheim 1964, S. 82-83.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Lohenstein, Daniel Casper von

Sophonisbe. Trauerspiel

Sophonisbe. Trauerspiel

Im zweiten Punischen Krieg gerät Syphax, der König von Numidien, in Gefangenschaft. Sophonisbe, seine Frau, ist bereit sein Leben für das Reich zu opfern und bietet den heidnischen Göttern sogar ihre Söhne als Blutopfer an.

178 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon