Gambacorti und Gualandi

[16] 1832.


Als Alfons, der mächtige König,

Seine Scharen ausgeschickt,

Anzufeinden jene weise

Florentinische Republik,

Die verwaltete wohlbedächtig

Cosimo von Medicis,

Hatte Gerhard Gambacorti,

Tief im Schoß des Apennins,

Als ein Lehn der Florentiner

Eine Herrschaft im Besitz.

Durch Verschwägrung war verknüpft er

Jenem großen Albizi,

Welcher aus Florenz vertrieben

Nach dem heiligen Grabe ging,

Bis zuletzt er, heimgewandert,

Seltner Schicksalslaune Spiel,

An dem Hochzeittag der Tochter

War gestorben im Exil.

Des gedenkt nun Gambacorti,

Der Verrat und Tücke spinnt,

Als ein Feind der Mediceer

Abgeneigt der Republik,

Welcher Gleichwohl seinen Sohn er

Hat als Geisel überschickt,

Sicherheit ihr einzuflößen,

Die bereits Verrat umstrickt.

Als vor seinem Schloß Corzano,[16]

Wo den kleinen Hof er hielt,

Mit dem Feldhauptmann des Königs

Nun des Königs Heer erschien,

Läßt die Brücke Gambacorti

Nieder, tritt entgegen ihm,

Dem die Burg er für den König

Tückisch überliefern will.

Ihn umgeben seine Ritter,

Männer vielgewandt im Krieg:

Unter ihnen war Gualandi,

Dem der Hochverrat mißfiel.

Der ergreift den Gambacorti,

Über die Brücke stößt er ihn;

Diese wird, auf sein Verlangen,

Aufgezogen augenblicks,

Während aufgepflanzt die freie

Florentinische Fahne wird,

Während innerhalb die Mannschaft

Ruft: Es lebe die Republik!

Gambacorti steht verlassen

Außerhalb, im Angesicht

Seiner nun verlornen Feste,

Die Gualandi treu verficht.

Nach Neapel muß er wandern,

Mit dem Feinde muß er ziehn;

Doch es schickt den Sohn zurück ihm

Großgesinnt die Republik.


Quelle:
August Graf von Platen: Werke in zwei Bänden. Band 1: Lyrik. München 1982, S. 16-17.
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