Der Triumph.

[11] »So rührt Dich nicht dein Freund, der zärtlich vor dir kniet?

Soll er verschmachten – Er, der doch für Dich nur glüht?

Soll er, nur er allein der Liebe Marter fühlen,

Und nie das schönste Feur an deinem Busen kühlen?[11]

Erbarm Dich, Mädchen, doch, hör' auf zu widerstehn,

Der Zärtlichkeit Genuß macht Dich gedoppelt schön.

Versuch einmal den Rausch aus Amors Zauberbecher,

Und findt dein Herz nachher nicht alle Weltlust schwächer

Als ihn, und schwimmt es nicht in nie empfundner Lust,

So hüll' in dichten Flor stets deine Marmorbrust.

O laß mich – laß mich doch der Wünsche Ziel erreichen,

Laß mich in deinem Arm beglückt den Göttern gleichen.

Wie lang, wie lang blieb nicht schon mein Bitten unerhört!

Wie lang hat nicht Dein Nein der Hofnung Glück gestöhrt?

Was hilfts dir, göttlichs Kind, ein Kleinod zu besitzen,

Ohn' nach der Schöpfung Zweck es liebevoll zu nützen?[12]

Umarme mich, komm und genieß den Unterricht,

Der Menschen macht und Lust mehr giebt, als er verspricht.

Es klopft Dein junges Herz, sein zärtliches Erbeben

Mißbilligt Furcht und Zwang, es will der Freude leben;

Der Liebe Morgenglanz färbt Deine Wangen roth,

Gehorsam heischt Natur von Dir für ein Geboth,

Das sie zum Glück uns gab – Laß nicht die Zeit verfließen,

In meines Armes Schutz komm alles Glück genießen,

Blüh Rosenknöspchen auf« – In diesem Augenblick

Schmolz Chloens Herz, sie sank in meinen Arm zurück.

In halber Ohnmacht, schön von Liebe überwunden,

Berauscht von einer Lust, die sie noch nie empfunden,[13]

Las ich das schönste Ja im Aug, das sanft sich schloß,

Indem der Unschuld Rest in Thränen still verfloß.


O könnt ich doch wie Gleim, Catull und Wieland singen,

Um Chloens Reitzungen ein reitzend Lied zu bringen!

Was sah ich nicht, was hat nicht hier die Hand berührt

Eh mich zu ihrem Werk die goldne Venus führt!

Hörbar sah ihr Herz durchs seidne Halstuch pochen,

Und fühlte rasch das Blut in allen Adern kochen.

O Wollust! Liebe! Glück! o dreymal selger Tag,

Als Chloens ganzer Reiz in meinen Armen lag!

Das blühendste Gesicht mit braunem Haar umzieret,

Gebrochne Augen, und der Busen aufgeschnüret,[14]

Der schönste Arm, und Fuß, ein Schenkel fleischig, zart

Am lockgen Wollustthron mit einem Leib gepaart

Schön wie der Venus Leib, den Scopas ihr gegeben –

Pygmalions Meisterstück, warm, voll Gefühl und Leben

Lag hier und war ganz mein – An Chloens Lippen hieng

Die ganze Seele wenn ich ihren Kuß empfing,

Der Pfeil war eingelegt, ich athmete geschwinder,

Ich hauchte Wollust, und doch ward das Feur nicht minder.

In süßer Ohnmacht starb jetzt Chloe neben mir,

Der Liebe milder Thau ergoß sich sanft aus ihr:

Selbst ganz Empfindlichkeit nicht mehr der Sinne Meister

Versammelten in Eins sich alle Lebensgeister,[15]

Die Augen brachen – Wir erseufzten – und es floß

Cytherens Balsam in den gürtellosen Schoß. – –

Es weiß der Knabe schon wie rührend es entzücket,

Wenn ihm die Hand vertraut sein kleines Mädchen drücket,

Doch weiß er nicht wie viel die Wollust stärker ist

Wenn sanft die Muschel zuckt und ihren Liebling küßt –

Auf Chloens heiße Brust halb schlummernd hingesunken

Fühlt ich jedweden Kuß, und ward von neuem trunken,

Und kämpfte neu gestärkt durch Chloens Hand und Blick

Noch manchen Liebeskampf mit wiederholtem Glück

Bis daß, erschöpft von Lust, Herz dicht an Herz geschloßen,

Der Schlaf uns überfiel die Quellen nicht mehr floßen.
[16]

Cythere Königin der Herzen

Lustschöpferin, Quell süßer Schmerzen,

Heil Dir und Seegen dem Altar!

Dir Göttin, der die Himmel singen,

Und Elemente Opfer bringen

Dir Göttin bring ich ganz mich dar.


Wohl dir, wenn du mein Glück genoßen,

Als dich Adonis Arm umschloßen,

Und dein Arm ihn umschloßen hielt:

Wohl ihm wenn er die Wollust fühlte

Als er mit deinen Reitzen spielte,

Die ich in Chloens Schooß gefühlt.
[17]

Mein Herz schlägt ewig dir erkenntlich;

So wie die Wollust war, unendlich

Dankt jede Nerve Deiner Kraft:

Du halfst mir Chloen überwinden,

Du halfst der Wünsche Hafen finden,

Dank sei Dir für die Jungferschaft!
[18]

Quelle:
[Johann Georg Scheffner]: Gedichte im Geschmack des Grecourt, Frankfurt; Leipzig 1771, S. 11-19.
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